29. Januar 2023
TikTok, Reels und YouTube Shorts — Darauf kommt es an
2022 waren 43% aller 15–25-jährigen Schweizer:innen auf TikTok aktiv. Doch auch immer mehr ältere Zielgruppen finden den Weg auf die Plattform. Dort geht es allerdings nicht um Fotos, ausführliche Texte oder lange Videos. Stattdessen dreht sich alles um Kurzvideos.
Der grosse Erfolg von TikTok führte dazu, dass auch immer mehr andere Plattformen ihre Formate und ihre Algorithmen ähnlich gestalteten. So stellte Instagram bereits 2020 „Reels“ vor. Auch YouTube legte mit „YouTube Shorts“ mehr Fokus auf Kurzvideos.
Doch wodurch zeichnen sich erfolgreiche TikToks, Reels und YouTube Shorts aus? Und wie kann ein Clip oder ein Account viel Reichweite gewinnen?
Wir haben einige Tipps zusammengefasst, welche helfen, die Plattform besser zu verstehen und erfolgreich zu nutzen.
1. Neues Ausprobieren!
Das Wichtigste ist, den Mut zu haben, etwas Neues zu probieren. Denn nur wer sich an das bislang Ungewohnte wagt, kann hier gewinnen. Es ist wichtig, sich nicht gegen neue Formate zu wehren, ohne sie selbst ausprobiert zu haben.
Daher sollte man sich mit der Plattform beschäftigen, sie selbst zunächst passiv nutzen und dann – sobald man einen Überblick hat – aktiv werden. Aktiv werden bedeutet gleichzeitig auch, kreativ werden. Spass und Erfolg auf der Plattform sind nur möglich, wenn man offen für Neues ist.
Es gilt, neue Trends und Themen zu beobachten, sich darauf einzulassen und ein Gefühl dafür zu bekommen, was bei der Gen Z gut ankommt. Zwar ist in den letzten Jahren das Durchschnittsalter der Plattform angestiegen, doch auch weiterhin sind vermehrt junge Personen auf der Plattform zu finden. Also jene, die mit anderen Medien kaum noch erreicht werden können.
2. Themen auf Zielgruppe zuschneiden
Möchte man selbst auf TikTok aktiv werden, stellt sich sicher schnell die Frage: Welche Themen kann ich dort aufgreifen?
Unsere Antwort: Alle! Es kommt aber darauf an, wie sie aufbereitet werden.
Viele Themen, z.B. Anwalt- oder Steuer-Inhalte scheinen zu trocken?
Sind sie nicht, wenn man es richtig macht. Die im deutschsprachigen Raum sehr erfolgreichen TikTok Creator @herranwalt und @steuerfarbi vermitteln Themen, die für die junge Zielgruppe eher langweilig scheinen – doch sie begeistern mit ihren Kurzvideos Millionen Nutzer.
Bei jeglicher Art von Content ist es wichtig, einen Mehrwert zu bieten, der für die junge Zielgruppe relevant ist.
Hierbei ist entscheidend, Informationen mit Emotionen zu verbinden. Die Herausforderung liegt darin, einen Weg zu finden, Themen zu emotionalisieren – ohne unseriös zu wirken!
Ein grosser Fehler, den Unternehmen insbesondere beim Start eines Social Media Auftritts machen, ist, den Account nur für Werbung zu nutzen. Die Zielgruppe möchte unterhalten und relevant angesprochen werden. Subtile Werbung ist ok, aber sie sollte nicht das einzige Ziel eines Accounts sein.
Wer die Plattformen und Zielgruppe kennt, weiss, dass diese Inhalte v. a. an mobilen Endgeräten konsumiert werden. Daher ist es wichtig, jegliche Inhalte im Hochformat zu erstellen, um die Screenfläche bestmöglich zu nutzen.
3. Kurzhalten!
«In der Kürze liegt die Würze.» Diese Redewendung kennt sicher jeder und in diesem Fall gilt sie mehr denn je. Denn Kurzvideos sind – wie der Name schon sagt – kurz!
Die Aufmerksamkeitsspanne ist auf Social Media gering und nimmt weiter ab. Zwar können TikToks theoretisch bis zu 10 Minuten lang sein, doch diese Videos gehen selten viral.
Reels können aktuell bis zu 90 Sekunden lang sein und YouTube Shorts bis maximal 60 Sekunden. Diese Vorgaben können sich natürlich jederzeit ändern.
Ob ein Video viral geht, entscheidet u.a. die Watchtime. Der Erfolg ist somit davon abhängig, wie lange Nutzer:innen das Video schauen. Hier wird vom Algorithmus bewertet, wie hoch die durchschnittliche Nutzungsdauer ist und ob ein Video häufig bis zum Schluss geschaut wird. Ist die Watchtime gut, so sind die Chancen, dass das Video weiteren Nutzern angezeigt wird und viral gehen könnte, wesentlich grösser.
Die einfache Schlussfolgerung ist: Kürzere Videos werden häufiger bis zum Schluss angesehen und haben somit eine bessere Watchtime.
Es empfiehlt sich daher, gesprochene Worte zu kürzen, unwichtige Nebensätze wegzulassen und die Komplexität und Dauer zu reduzieren.
Unser Tipp an dieser Stelle: falls ein Thema nicht in ein Kurzvideo passt; erstellt statt eines sehr langen Videos lieber drei kürzere Videos.
4. Storytelling überdenken
Der erste Eindruck zählt und somit sind bereits die ersten 3 Sekunden entscheidend, ob ein Nutzer weiterscrollt oder sich das Video weiter anschaut. Der Einstieg ins Video ist somit enorm wichtig.
Ein Scrollstopper kann hier helfen, die Aufmerksamkeit der Viewer zu gewinnen. Das ist ein Überraschungsmoment z.B. ein fesselndes Bild, ein unerwarteter Satz oder lustiger Effekt sein. Ziel ist es: aufzufallen!
Im weiteren Verlauf des Videos ist es wichtig, einen Spannungsbogen aufzubauen. Nutzer sollen einen Videobeitrag möglichst lange schauen, da die Watchtime für den weiteren Erfolg relevant ist. Beim Schreiben des Skripts sollte man daher einen roten Faden im Hinterkopf haben und sicherstellen, dass Zuschauer das Video möglichst lang sehen wollen.
Humorvolle Videos kommen häufig besonders gut an und so kann man viele Videos mit Witz gestalten. Bedenkt hierbei aber, dass euer Humor auch zur GenZ passen muss.
5. Wiedererkennungswert schaffen!
Wer plant, regelmässig Content auf TikTok hochzuladen, sollte sich mit folgenden Fragen beschäftigen: Wofür soll der Account stehen? Was ist das Wiedererkennungsmerkmal der Videos?
Nutzer:innen mögen es, wenn Inhalte mit einer Person verbunden sind, die den Aussagen Authentizität verleiht. Vor die Kamera zu treten und zu sprechen, erfordert Mut und Übung. Doch ist die Hürde erst einmal genommen, kann es viel Spass machen.
In seltenen Fällen funktionieren Kanäle ohne Gesichter, aber das ist eher die Ausnahme. Daher unser Tipp: Traut euch und zeigt Gesicht!
Auch durch Formate kann ein Wiedererkennungswert geschaffen werden. Vielleicht hat eurer Zielgruppe ein Video von euch besonders gefallen. Wenn dieses Format auch für andere Themenschwerpunkte adaptierbar ist, kann man sich somit pro Video enorm viel Konzept-Arbeit ersparen – und Nutzer erkennen direkt auf den ersten Blick – ohne den Absender zu sehen – von wem das Video veröffentlicht wurde.
Wichtig ist zudem, voneinander unabhängige Videos zu gestalten. Vielleicht hat der Viewer nicht das vorherige Video gesehen oder sieht das nächste Video nicht. Daher müssen Videos auch alleinstehend funktionieren. Natürlich kann in einem Nebensatz auf das vorherige Video aufmerksam gemacht werden oder das nächste Video zum Schluss angeteasert werden, doch die Inhalte sollten auch ohne das vorherige oder nächste Kurzvideo verständlich sein.
6. Authentisch bleiben
Wie bereits erwähnt ist es ratsam, den TikToks oder Reels ein Gesicht zu geben. Dabei ist es wichtig, sich als Host nahbar zu zeigen, den ein oder anderen Trend mitzumachen; auch mal witzig zu sein.
Wir raten dazu, als Moderator auch seine Persönlichkeit zu zeigen. Dies heisst aber nicht, dass man sich als Privatperson zeigen muss.
Videos können allerdings nur authentisch wirken, wenn die Person, welche vor der Kamera steht, auch Lust darauf hat. Andernfalls bemerken das die Viewer sehr schnell. Wirkt etwas unecht, kann es einer Marke schaden.
Nicht empfehlenswert ist es, Texte auswendig zu lernen. Stattdessen kann sich der Moderator vorstellen, einem Freund etwas zu erzählen. Dennoch muss vorher definiert sein, wann was gesagt werden soll.
Mehrere Anläufe beim Drehen zu brauchen, ist ganz normal. „Übung macht den Meister“ ist in diesem Fall absolut zutreffend. Allgemein gilt: Nicht zu langsam reden und Sprechpausen vermeiden, damit das Video möglichst kurz wird.
Bei all dem geht es nicht darum, alles perfekt zu machen. „Ähm“ oder auch Versprecher sind oft kein Problem. Locker wirkt es, wenn der Host sich beim Erzählen auch mal bewegt, läuft, einen Kaffee kocht oder seinen Laptop hochfährt.
7. Dreh vorbereiten
Einen Drehplan zu schreiben, kann helfen, das Video möglichst kurz und knackig zu gestalten.
Was soll gesagt und gezeigt werden? Es empfiehlt sich, vorher die geschriebenen Texte laut vorzulesen und die Zeit zu stoppen. Erst so merkt man manchmal, dass man wesentlich länger gesprochen hat als angenommen. In diesen Fällen ist es wichtig, die Texte nochmals zu kürzen. Jedes Wort, das nicht unbedingt sein muss, sollte gestrichen werden.
Bei der Vorbereitung gilt es auch spätere Einblendungen zu beachten. Sollen grafische Elemente integriert werden? Wenn ja: Wo? Hierfür ist es wichtig, beim Filmen bereits Platz dafür einzukalkulieren. So verdeckt die Grafik anschliessend nichts Wichtiges.
Auch ein Untertitel benötigt Platz. Zwar werden TikToks und Reel häufiger mit Musik gehört als beispielsweise Instagram Stories, dennoch sind ein Untertitel oder kurze, zusammenfassende Titel empfehlenswert.
Ein Drehplan mit Sequenzen- und Sekunden-Angaben ist somit hilfreich, um sich möglichst kurz zu fassen und die optische Umsetzung zu berücksichtigen.
8. Equipment checken!
Beim Erstellen von Reels oder TikToks ist es nicht notwendig, eine professionelle Kamera zu nutzen. Ein Smartphone, das in Full-HD-Auflösung (1920×1080 px) filmen kann, ist in den meisten Fällen ausreichend. Wie immer, ist es nicht mit dem Drücken der «Play-Taste» getan. Einige visuelle Aspekte sollten beachtet werden, um ein möglichst schönes Video zu kreieren. So sollte man nur in seltenen Fällen von unten filmen, da dies herablassend auf die Viewer und auch unvorteilhaft für den Moderator wirken kann.
Ein Stativ ist in vielen Fällen ein «Must-Have». Vor allem, wenn man alleine Videos produziert, ist dies Gold wert, um nicht nur Selfie-Szenen aufnehmen zu können. Zudem sind Aufnahmen auf dem Stativ oder mit dem Gimbal wesentlich ruhiger und professioneller als auf wackeligen Händen.
Generell empfehlen wir es, bei bestmöglichem Tageslicht – aber bitte nicht unter der hochstehenden Sonne – Content aufzunehmen. Sollte das natürliche Licht nicht gut sein, kann ein Ringlicht oder eine Softbox wahre Wunder bewirken.
Neben der Bildqualität ist die Tonqualität ausschlaggebend, ob ein Video professionell wirkt. Daher sollte beim Equipment ein kabelloses Mikrofon, wie z.B. das Wireless Go, nie fehlen.
9. Video Nachbearbeiten!
Nachdem das Video am Smartphone aufgenommen wurde, wird es nun auch über das mobile Endgerät geschnitten und hochgeladen.
Der richtige Mix an Ton-Dreh-Schnitt-Präsentation-Effekten ist eine elementare Voraussetzung, um junge Zielgruppe anzusprechen.
Viele Apps bieten eine grosse Anzahl an Gestaltungsmöglichkeiten. Für die komplexe Gestaltung empfehlen wir die Nutzung externer Apps oder die Bearbeitung am Laptop über professionelle Schnittprogramme, wie Adobe Premiere Pro oder Davinci Resolve.
iMovie für Apple-Nutzer, InShot oder CapCut sind Apps, mit welchen man am Handy Videos gestalten kann. CapCut gehört zu TikTok und bietet sehr viele Möglichkeiten. Die App verfügt über eine grosse Auswahl an Musik, ermöglicht es, eigene Schriftarten und Farben sowie Logos hochzuladen – und das alles kostenlos!
Im Dschungel verschiedener Gestaltungsmöglichkeiten sollte man aber den Wiedererkennungsfaktor im Blick haben und die Videos einheitlich gestalten.
10. Musik auswählen!
Gute Musik ist in Kurzvideos enorm wichtig, da die meisten Nutzer:innen TikToks und Reels mit Ton konsumieren. So entwickelten sich in den letzten Jahren immer wieder Musiktrends, welche für die Kurzvideos besonders wichtig sind.
Egal ob Dance-Challenges, Lip-Sync-Battles oder Memes – hier tauchten immer wieder dieselben Songs auf. Um diese Songs entstanden richtige Hypes und viele junge Menschen verbinden einen Song sofort mit einem gewissen TikTok Trend.
So haben einige Songs den Sprung ins Radio oder die Spotify Hits geschafft, da sie durch gewisse TikToks oder Reels bekannt wurden.
Anders herum werden aktuelle beliebte Hits gerne für Reels verwendet. Dies ist am Beispiel der neuen Single von Miley Cyrus „Flowers“ zu erkennen. Der Song wurde am 13. Januar 2023 veröffentlicht. Ende Januar sind auf Instagram bereits knapp eine Million Reels mit diesem Song hochgeladen worden. Auf TikTok wurden zu diesem Zeitpunkt 1.8 Millionen Beiträge mit diesem Lied erstellt.
Wird ein Song für ein Video verwendet, das gerade viral geht, kann dies auch dem Video mehr Reichweite bringen.
Doch ganz so einfach ist dies für Unternehmen leider nicht. Denn der Gesetzgeber verbietet Unternehmen die unerlaubte Nutzung und Verbreitung von geschützter Musik. Zwar können Privatpersonen direkt aus der App angesagte Songs nutzen, Marken und Firmen allerdings nicht. Wäre auch zu schön gewesen, oder?
Für Business Profile empfiehlt sich daher, lizenzfreie Musik zu verwenden oder Songs unbekannterer Künstler über Anbieter wie Soundstripe lizenzieren zu lassen.
Wer dennoch angesagte Hits nutzt, muss mit einer Klage und hohen Strafen rechnen. Viele Unternehmen verwenden diese geschützten Songs dennoch, um mehr Reichweite zu erhalten.
11. Dran bleiben!
Unser letzter Tipp: Bitte nicht enttäuscht sein, wenn die ersten Videos nicht direkt viral gehen. Einfach weiter versuchen. Jede:r, der sein Glück mit Kurzvideos versucht, sollte eine Frustrationstoleranz mitbringen. Manchmal steckt man viel Aufwand und Geld in die Produktion eines Videos – und dieses erreicht deutlich weniger Personen als andere Posts. Ein Video, das man schnell in 15 Minuten geplant und aufgenommen hat, geht aber viral. Dies kann frustrierend sein, denn es lässt sich nicht vorhersagen, ob ein Video gut oder schlecht ankommt. Reichweitenziele pro Video sind somit schwer.
Daher heisst es: „Viel hilft viel“
Dies ist ausnahmsweise das Motto, wenn es um Kurzvideos geht. Denn so erhöhen sich die Chancen, dass ein Video viral geht.
Unregelmässiges Posten sollte vermieden werden, da es vom Algorithmus negativ gewertet werden könnte.
Dennoch steht Quantität nicht vor Qualität. Falls die Zeit fehlt, mehrere gute Videos zu produzieren, raten wir dazu, lieber wenige Videos zu veröffentlichen und einen gewissen Qualitätsanspruch zu bewahren.
Zudem ist es ratsam, immer wieder Trends und Hashtags zu checken und Entwicklungen bewusst wahrzunehmen und sich anzupassen.
Wir freuen uns, weiterhin coole Videos für und mit euch kreieren zu dürfen. Meldet euch gerne jederzeit bei Fragen oder Anliegen.